Vor dem Apartment

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Samstag, 07.03.2020

Heute war der Tag der Tage. Jake würde sie jeden Augenblick abholen und sie hoffte er würde das machen was sie ihm gesagt hatte. So wie immer zog sie sich eher brav an und warf noch einen kurzen Blick in den Spiegel. Ehrlich gesagt war sie eher der Typ der sich schlichter anzog um nicht aufzufallen. In der Arbeit war sie genau das Gegenteil.



Aufgeregt marschierte sie aus dem Apartment mit ihrer Tasche und presste ihre Handtasche dicht an sich. Innerlich betete sie einfach, dass er sie nicht enttäuschen würde. Wenn er sie heute blamierte, würde ihr Vater sicher wieder meckern und ihr einen Heiratskandidaten suchen was sie auf keinen Fall wollte. Das musste sie um jeden Preis verhindern.

Wir haben gar nicht mehr darüber gesprochen wie wir alles angehen. Wahrscheinlich ist es ihm genauso unangenehm wie mir.

In seinem ganzen Leben hatte er sich noch nie so schwer getan mit der Frage, was er anziehen sollte. Würde sie ihm den Kopf abreißen, wenn er zu leger auftauchte? Oder kritisierte sie ihn, wenn er am Wochenende einen Anzug von der Arbeit anzog? Egal, was er sich aussuchte, er war sich sicher, dass es ihr nicht passen würde. Da er über ihren Vater nur das wusste, was er im Internet nachlesen konnte, ließ das nicht sehr viel Spielraum um sich ein genaueres Bild davon zu machen, was er im Privatleben für ein Mensch war.

Bevor er losfuhr, machte er sich noch seine Haare und zog sich eine Jacke über. Dann setzte er sich seinen Helm auf den Kopf und fuhr mit seinem Motorrad los, um seine Chefin abzuholen. Er und seine Mutter hatten nicht viel Geld, trotzdem hatte er ein schickes Bike, da es seinem Vater gehört hatte und Jakes Mutter nicht wollte, dass er es verkaufte. Da weder er, noch seiner Mum ein Auto besaßen, fuhr entschied er sich, damit zu kommen.

Er trug unter seiner schwarzen Lederjacke ein schlichtes schwarzes Shirt, das er eingesteckt hatte. Seine Haare machte er sich sogar auch mal anders, damit er einen guten Eindruck hinterließ. Jake fuhr hier her und blieb vor dem Gebäude stehen, bei dem er sie abholen sollte. Als er stand, setzte er seinen Helm ab, hängte ihn an den Lenker und stieg vom Motorrad runter.



Dann holte er aus seinem Sitz noch einen Helm heraus und drehte sich um. Zuerst bemerkte er gar nicht, dass es seine Chefin war, die dort stand, doch dann checkte er es endlich und ging auf sie zu.

"Ich hätte Sie gar nicht erkannt!", sagte er zur Begrüßung und musterte sie.



Das ist ja mal das komplette Gegenteil von dem, wie sie an der Arbeit auftritt! Trägt sie das nur, weil sie ihren Vater glauben lassen will, sie sei brav? Huh...

Er verstand das nicht so richtig, aber das musste er auch wohl nicht. Sie würden nur dort essen und danach wieder schnell fahren. Nun hielt er ihr den Helm entgegen.

"Den werden Sie brauchen!"

Kaum hörte sie ein Motorrad musste sie an ihren Assistenten denken, der sie bestimmt in einem schäbigen Karren abholen würde. Doch plötzlich blieb die Person mit dem Motorrad stehen und dieser Mann sah richtig attraktiv aus von der Statur her. Nie im Leben würde sie sich trauen, so einen Typ anzusprechen. Das es Jake war, auf diese Idee kam Chungha erst gar nicht. Nachdem der Kerl von seinem Bike abstieg und seinen Helm abnahm musste sie erst einmal genauer hinsehen. Es war tatsächlich ihr Assistent der nach ihrem Geschmack zu gut aussah, aber ihren Vater würden sie sicher so niemals beeindrucken. Jetzt war es so oder so schon zu spät. Weil es privat war, würde sie ihm nichts mehr vorschreiben. Sie hoffte einfach nur er würde sich an die Vereinbarung halten. Auch er schien über ihr Aussehen überrascht zu sein und sagte ihr es auch gleich. Wie immer fiel ihr etwas auf was sie störte, wenn sie mit ihm redete. Konnte er sie nicht einmal begrüßen? Dieses Mal war es anders und sie brauchte seine Hilfe unbedingt und sie war auf ihn gerade angewiesen.

Weil sie so in ihren Gedanken war, nahm sie erst später war, dass er ihr den Helm hinhielt.

Soll ich mich auch so anziehen damit es besser rüberkommt? Mehr lockerer? Wieso siezt er mich im privaten? Er ist doch älter als ich.

„Hi, Jake. Wir können uns im privaten Duzen“, bot sie ihm schüchtern an.



Kurz sah sie zu seinem Gefährt und dann wieder zu ihm. Noch immer überlegte sie was sie machen sollte. Mit einem Kleid Motorrad zu fahren war nicht so eine Option für sie. Da brauchte sie schon ein passendes Outfit dafür. Außerdem musste sie ihrem Vater glauben lassen, dass sie verabredet waren.

„Ich denke ich sollte mich kurz umziehen. Das Kleid passt nicht so, wenn wir mit der Maschine fahren“, erklärte sie ihm mit einem Lächeln und verschwand schnell in ihrem Apartment.



Nach einer kurzen Zeit kam sie zurück. Normalerweise trug sie nicht solche Sachen privat, aber sie wollte ja ihren Vater von Jake überzeugen und es so aussehen lassen als wäre das alles geplant.



„Ich trag nur solche Sachen, damit mein Vater glaubt das, dass hier geplant ist. Sonst bin ich der unauffälligere Typ“, informierte sie ihn.

Dann nahm sie sich von ihrem Assistenten den Helm. „Danke“, bedankte sie sich und setzte ihn auf. Ehrlich gesagt hatte sie von solchen Maschinen Angst und sie fürchtete sich vor der Geschwindigkeit. Bei ihrem Sportwagen fühlte sie sich sicherer.

„Ich darf mich doch bei dir festhalten oder?“, fragte sie zur Sicherheit nach.

Klammern würde das Wort wahrscheinlicher treffen doch das würde er dann schon merken, wenn er schneller fuhr.

Sofort begrüßte sie ihn ganz informell und duzte ihn bereits. Er hatte sie gesiezt, weil sie ja noch nicht bei ihrem Vater waren, doch anscheinend ging das jetzt auch schon.

Jake war total irritiert von ihr. War das eine Zwillingsschwester oder irgendein Prank? Er bildete sich ein, sie hätte ihm sogar zugelächelt bevor sie wieder nach drinnen verschwunden war. Noch immer hielt er den Helm in seiner Hand und ließ den Arm aber dann sinken, als sie nicht mehr da stand.



Habe ich mir das eben eingebildet?

Chungha kam wieder und erklärte ihm, dass sie solche Sachen normalerweise nicht trug, aber es für die Täuschung ihres Vaters passte. Egal, was sie anzog, jedes Mal sah sie aus wie jemand anderes.

Unauffällig? In der Firma sticht sie immer heraus mit ihren Sachen... Als hätte sie verschiedene Persönlichkeiten. Vielleicht hat sie ja eine Krankheit... und weiß davon nichts!, ging es ihm durch seinen Kopf.

Irgendwie war es doch nicht so leicht einen entspannten Umgang zu haben. Bisher bestand sie immer darauf, dass er sie förmlich ansprach und jetzt konnte er sie duzen. Er war auch älter als sie und das durfte er jetzt ausnutzen.



"Ja klar, halte dich so fest, wie du nur möchtest!", antwortete er und setzte sich seinen Helm ebenfalls wieder auf, als sie beim Motorrad standen. Dann setze er sich auf sein Bike drauf und wartete darauf, dass sie sich ebenfalls raufsetzte. Ehrlich gesagt hätte er gar nicht damit gerechnet, dass sie das wirklich machte. An der Arbeit vermittelte sie eindeutig den Eindruck, dass sie nicht der Typ zu sowas war. Doch mit was hätte er sie sonst abholen sollen? Jake und seine Mutter besaßen kein Auto und seine Freunde fuhren nur mittelklasse Wagen.

"Halt dich fest, ich fahre los!", informierte er sie mit zu ihr gedrehtem Kopf und sah dann nach vorne und startete das Motorrad. Dann fuhren die beiden zu dem Anwesen ihres Vaters.